Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 54. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin und begrüße Sie, unsere Gäste, die Zuhörerinnen und Zuhörer sowie die Medienvertreterinnen und Medienvertreter sehr herzlich.
Dann darf ich der Kollegin Derya Çağlar von der SPDFraktion ganz herzlich zum Geburtstag gratulieren. Alles Gute und einen besonders schönen Tag im Parlament!
Als Geschäftliches habe ich Folgendes mitzuteilen: Am Montag sind folgende fünf Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde eingegangen:
in Berlin neu ausrichten – Ausgaben senken und Einnahmen erhöhen“ − Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: „Finanzen
in Berlin neu ausrichten – Ausgaben senken und Einnahmen erhöhen“ − Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum
Thema: „Haushaltschaos statt Herbst der Entscheidungen: Stopp bei Klassenfahrten, Haushaltssperre bedroht Sozialträger, Kultur in Aufruhr“ − Antrag der Fraktion Die Linke zum Thema: „Haus
haltschaos statt Herbst der Entscheidungen: Stopp bei Klassenfahrten, Haushaltssperre bedroht Sozialträger, Kultur in Aufruhr“ − Antrag der AfD-Fraktion zum Thema: „Start ins Win
tersemester: Antisemitismus, Uni-Besetzungen, Cancel Culture – vor welchen Herausforderungen stehen unsere Hochschulen?“
Die Fraktionen haben sich auf das Thema der AfDFraktion verständigt. Somit werde ich gleich dieses Thema für die Aktuelle Stunde unter dem Tagesordnungspunkt 1 aufrufen. Die anderen Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde haben damit ihre Erledigung gefunden.
Dann darf ich auf die Ihnen zur Verfügung gestellte Dringlichkeitsliste verweisen. Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, die dort verzeichneten Vorgänge unter den Tagessordnungspunkten 14, 15, 31 und 31 A in der heutigen Sitzung zu behandeln. Ich gehe davon aus, dass den zuvor genannten Vorgängen die dringliche Behandlung zugebilligt wird. – Widerspruch dazu höre ich nicht. Dann ist die dringliche Behandlung dieser Vorgänge beschlossen. Unsere heutige Tagesordnung ist damit ebenfalls beschlossen.
Auf die Ihnen zur Verfügung gestellte Konsensliste darf ich ebenfalls hinweisen – und stelle fest, dass auch hier kein Widerspruch erfolgt. Die Konsensliste ist damit angenommen.
Dann darf ich Ihnen noch die Entschuldigungen des Senats mitteilen: Frau Senatorin Dr. Badenberg wird aufgrund der Sitzung des Bundesrichterwahlausschusses zwischen 13.30 Uhr und 17 Uhr nicht anwesend sein.
Start ins Wintersemester: Antisemitismus, UniBesetzungen, Cancel Culture – vor welchen Herausforderungen stehen unsere Hochschulen?
Für die Besprechung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu zehn Minuten zur Verfügung, und in der Runde der Fraktionen beginnt für die AfD-Fraktion der Abgeordnete Trefzer. – Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist erfreulich, dass wir in der Aktuellen Stunde wieder einmal über Hochschulpolitik diskutieren können. – Ich grüße an dieser Stelle ganz herzlich unsere neuen Stipendiaten der Studienstiftung des Abgeordnetenhauses. – Seien Sie herzlich willkommen!
Wer unsere Hochschulen mit offenen Augen beobachtet, kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich in den letzten zwölf Monaten etwas verändert hat. Debatten werden hitziger geführt und Auseinandersetzungen unversöhnlicher ausgetragen, als dies ohnehin schon der Fall war, und vor allem eine noch vor Kurzem nicht für möglich gehaltene Freund-Feind-Unterscheidung hat unsere Universitäten fest im Griff. Sie lautet: Bist du für oder bist du gegen Palästina? Sie vermischt sich mit der alten Parole, die schon viele Studentengenerationen paralysiert hat. Diese lautet: Bist du gegen rechts, oder bist du Faschist? So vergeht fast kein Tag an unseren Unis, an dem nicht gegen Israel oder gegen einen imaginierten Faschismus mobilisiert wird. Die gegen Israel gerichteten Veranstaltungen finden überwiegend an anderen Orten in Berlin statt, immer wieder im Oyoun, aber eben auch an unseren Unis, so am kommenden Montag, wenn unter dem Titel „Vom Hörsaal auf die Straße: Mit Waffen der Kritik ins neue Semester an der FU Berlin!“ die linksextreme Gruppe „Klasse Gegen Klasse“ Studenten zum politischen Kampf auffordert, in einem Aufruf, der die
„Mit der Rückendeckung der deutschen Regierung startet der israelische Staat barbarische Offensiven auf den Libanon und Jemen und setzt den Genozid in Gaza fort.“
Wie so oft seit dem 7. Oktober gehen linksradikale Agitprop und Antisemitismus Hand in Hand. Der Vorwurf des Rassismus wird dazu benutzt, den eigenen Antisemitismus salonfähig zu machen.
Wer sich für den heutigen Tag nach Veranstaltungen umschaut, stößt auf die Aktionstage der „Studis gegen Rechts“. Um 12 Uhr findet man sich zu Aktionstreffen an TU, FU und HU zusammen. Von 13 Uhr bis 16 Uhr ist dann antifaschistisches Bannermalen angesagt. – Herr Koçak! Ich weiß nicht, ob Sie schon etwas anderes vorhaben, aber vielleicht ist Ihnen das nicht antizionistisch genug.
Heute und morgen Nachmittag, jeweils von 16 Uhr bis 18 Uhr widmen sich selbsterklärte Antifaschisten dem Kampf gegen die AfD, wohlgemerkt in Räumen der FU und der HU.
Letzte Woche berichtete die B.Z., dass der Refrat der HU auf Kosten aller Studenten Tausende von Jutebeuteln verteilen ließ mit Antifa-Logo und „A.C.A.B.“-Aufschrift.
Unsere Hochschulen werden geradezu überflutet von linksradikaler und antizionistischer Propaganda. Und wenn mal eine Veranstaltung stattfindet, die den Hochschulantisemitismus kritisch reflektiert, wie beispielsweise im September an der TU unter dem Titel „Antisemitismus und Antisemitismusprävention im Bildungsbereich“, dann werden die Teilnehmer angepöbelt, bespuckt oder sogar angegriffen, wie es Volker Beck, dem Vorsitzenden der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, widerfahren ist. Da zeigte sich einmal mehr: Die antisemitisch motivierten Unibesetzungen waren nur die Spitze des Eisbergs. Sie konnten nur diejenigen überraschen, die die Breite der Entwicklung bislang ignoriert haben.
So wurde detailliert durch eine Tagesspiegel-Recherche letzte Woche bestätigt, was schon bei der Besetzung des
Sozialwissenschaftlichen Instituts der Humboldt-Universität im Mai zu beobachten war: Hamasaktivisten und linksradikale Studenten arbeiten Hand in Hand. Wie naiv vor diesem Hintergrund die Dialogangebote der HUPräsidentin Blumenthal daherkamen, während zeitgleich Räumlichkeiten verwüstet wurden, mag jeder selbst beurteilen. Was für unbeteiligte Dritte als eine lässliche Fehleinschätzung erscheinen mag, war für jüdische Hochschulangehörige der blanke Horror. Es ist eben ein Unterschied, ob aus der Sicht eines Betroffenen nur mal eben eine Lehrveranstaltung ausfällt oder ob der Unialltag für jüdische Studenten zum täglichen Spießrutenlauf wird.
Vor diesem Hintergrund komme ich zur Situation an der TU, die besonders brisant ist. Wen kann es eigentlich noch wundern, dass antizionistische Studentengruppen wie das studentische Kollektiv „Not In Our Name TU“ oder Student Coalition Berlin dort ins Kraut schießen, wo eine Unipräsidentin einen antisemitischen Post gelikt hat?
Geraldine Rauch hat mit ihrem Agieren und mit ihrem Nicht-Rücktritt eine Schneise der Verwüstung durch die TU gezogen. Es ist zwar löblich, dass sie ihr Handeln jetzt bereut und Besserung gelobt, aber das kommt zu spät, und das reicht nicht aus. Dass Geraldine Rauch nicht die Kraft hatte, Verantwortung zu übernehmen und zum Wohle ihrer eigenen Universität den Weg für einen Neuanfang freizumachen, hat der TU nachhaltigen Schaden zugefügt.
Ich kann deshalb den Rücktritt von Matthias Kleiner, einem der langjährigsten und verdientesten Mitglieder des Kuratoriums der TU, sehr gut nachvollziehen, weil die Grundlagen für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit aus seiner Sicht nicht mehr gegeben waren und weil er erkannte, dass sich ohne personelle Neuaufstellung die TU nicht aus dem Sumpf wird herausziehen können. Wie recht hatte er! Mal ganz ehrlich: Wenn ein verdienstvoller Wissenschaftler wie Matthias Kleiner, der von 2007 bis 2012 Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft und von 2014 bis 2022 Präsident der LeibnizGemeinschaft war, nach zehn Jahren im Kuratorium der TU hinschmeißt, dann müssen bei Ihnen doch alle Alarmglocken läuten, Frau Dr. Czyborra.
Natürlich hat der Senat nicht die Möglichkeit, Frau Rauch zum Rücktritt zu zwingen. Aber ein deutliches Wort von Senatorin Czyborra hätte sicherlich geholfen, Frau Rauch klarzumachen, dass sie zu einer Hypothek für die TU geworden ist.
Dabei ist die Entwicklung an der TU wie ein Menetekel für unsere gesamte Stadt. Denn – da mache man sich nichts vor – wenn Berlin jetzt von der Deutschen Polizeigewerkschaft zur Hauptstadt des Antisemitismus in