Dies bedeutet, dass sich bei größeren Schwimmklassen keineswegs alle Schüler im Wasser befinden. Die Kinder werden außerdem in Schwimmer- und Nichtschwimmergruppen eingeteilt. Die Nichtschwimmergruppen dürfen an der Grundschule nicht mehr als 15 Kinder umfassen. Bei Klassen mit mehr als 30 Kindern gibt es die Möglichkeit, zwei Gruppen zu bilden.
Ich will das einmal an einem Beispiel praktisch erläutern: Wir haben in Bayern bei den Grundschülern eine Klassengröße von rund 23 Kindern. Angenommen, die Klasse 1a umfasst 22 Schüler und die Klasse 1b 24 Schüler. Das sind im Schnitt 23 Schüler. Der Schwimmunterricht findet somit mit 46 Kindern statt. Diese Gruppe wird aufgeteilt in Schwimmer und Nichtschwimmer. Die 15 Nichtschwimmer werden einer Lehrkraft zugeteilt. Die 31 Schwimmer werden zwei Lehrkräften oder einer Lehrkraft und einer nebenberuflichen Lehrkraft mit der entsprechenden Qualifikation zugeteilt.
Wenn wir in diesen Klassen 16 Nichtschwimmer hätten, läge es im Ermessen der Lehrkraft vor Ort, ob und wie sie den Unterricht durchführt. Sie kann zum Beispiel anordnen, dass zehn Kinder im Wasser sind und sechs Kinder draußen stehen und Trockenübungen machen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in der Bekanntmachung des Kultusministeriums aus dem Jahre 1996 ist alles geregelt. Wesentlicher Garant für einen sicheren Schwimmunterricht ist die Qualifikation der Lehrer und Lehrerinnen. Die Praxis zeigt, dass unsere Lehrer den Schwimmunterricht mit großer Sorgfalt durchführen und es keinen Fall gibt, bei dem ein Kind wegen der Gruppengröße verunglückt wäre.
Zudem sind bei den Multiplikatoren-Schulungen in Zusammenarbeit mit den Wasserrettungsverbänden zusätzliche Maßnahmen zur Unfallverhütung im Schwimmunterricht ausgearbeitet worden, die flächendeckend in allen Regierungsbezirken angeboten werden. Diese Maßnahmen konzentrieren sich auf die Prävention von Unfällen. Wir sollten deshalb unser Augenmerk verstärkt auf die Prävention richten und nicht glauben, dass neue Vorschriften ein Mehr an Sicherheit böten. Wir werden den Antrag deshalb ablehnen.
Herr Kollege Rüth, ist Ihnen bekannt, dass die Ermessensentscheidung der Lehrkräfte mittlerweile so aussieht, dass die Lehrkräfte nicht mehr bereit sind, Schwimmunterricht zu erteilen, weil sie sich diese Verantwortung nicht mehr zutrauen?
Frau Kollegin Naaß, mir ist das nicht bekannt. Ich habe mich sehr sorgfältig und intensiv bemüht, mit Leuten aus der Praxis zu sprechen. Es mag jedoch sein, dass es an dem Ort, wo dieses Unglück passiert ist, anders aussieht. Das will ich gerne einräumen. Grundsätzlich kann ich diese Aussage nicht teilen.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Rüth, Trauer und Mitgefühl im Bayerischen Landtag ausgesprochen – vielleicht haben Sie es auch ernst gemeint –, reichen nicht aus. Sie müssen Ihren Gefühlen Taten folgen lassen.
Wir alle haben Praktiker und Praktikerinnen befragt. Ich denke, Sie können Ihren gesunden Menschenverstand bemühen. Ich empfehle den Selbstversuch: Gehen Sie einmal mit 46 achtjährigen Kindern ins Schwimmbad und stellen Sie sechs Kinder an den Beckenrand, die dann brav und folgsam Trockenübungen machen. Teilen Sie diese Kinder dann noch in Schwimmer und Nichtschwimmer auf. Ich möchte sehen, wie Sie damit zurecht kommen. Vielleicht haben Sie sogar eine Ausbildung. Einem billig, gerecht und logisch denkenden Menschen erschließt sich jedoch, dass es so nicht gehen kann. Mit dem, was Sie hier gesagt haben, und mit dem, was Sie tun, wälzen Sie die Verantwortung auf die Lehrer und Lehrerinnen ab.
Aus dieser Verantwortung dürfen jedoch die CSU und das Kultusministerium nicht entlassen werden. Diese Verantwortung haben Sie heute übernommen. Diese Verantwortung können Sie nicht den Lehrern und Lehrerinnen zuschieben, weil diese nämlich dann immer mit einem Bein im Gefängnis stünden. Ich bin froh, dass die Lehrer und Lehrerinnen sagen: Wir machen das unter diesen Umständen nicht mehr.
Die SPD-Fraktion hat eine Gruppengröße von maximal 15 Kindern gefordert. Ich gehe sogar noch weiter. Ich halte es sogar mit sieben Kindern für schwierig. Wir müssen alles tun, um die Sicherheit unserer Kinder zu gewährleisten, auch wenn es im Fall von Dinkelsbühl vielleicht kein Problem der Aufsicht gewesen sein sollte. Ich möchte für meine Fraktion noch einmal deutlich machen, dass selbst 15 Kinder zu viel sind. Ich würde mit der Zahl noch weiter heruntergehen.
Frau Kollegin Naaß, ich möchte den beiden Schilderungen noch einen Fall hinzufügen. In Würzburg ist ebenfalls ein Kind ertrunken. Außerdem möchte ich einen Aspekt noch einmal aufgreifen: Sie schicken Lehrer und Lehrerinnen in eine rechtliche Unsicherheit. Sie bleiben mit der Frage zurück, ob die zwei Kinder, die gestorben sind, mit einer kleineren Gruppengröße hätten gerettet werden können. Diese Frage müssen Sie sich selbst beantworten.
Ich möchte es nicht auf mich nehmen, diese Frage verneinen zu müssen. Wir müssen alles tun, damit im Ernstfall diesen Kindern geholfen werden kann. Deshalb stimmen wir diesem Antrag zu. Ich möchte es nicht versäumen, Folgendes zu sagen: Herr Kollege Rüth, was Sie am Ende gebracht haben, empfand ich als hochgradig zynisch. Das wird der Situation nicht gerecht und konterkariert Ihre Eingangsbemerkung, dass Sie Trauer und Mitgefühl hätten. Das habe ich dem Schlussteil Ihrer Ausführungen nicht entnommen.
Es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Bildung,
Jugend und Sport empfiehlt auf Drucksache 15/7756 die Ablehnung des Antrags. Wer dagegen dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist die CSU-Fraktion. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag mit den Stimmen der CSU-Fraktion abgelehnt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf mich bedanken und wünsche Ihnen einen schönen Abend, eine arbeitsreiche Woche und viel Erfolg. Die Sitzung ist geschlossen.