Protokoll der Sitzung vom 10.03.2016

Sonst ist vorprogrammiert, dass die jungen Anwärterinnen und Anwärter in einigen Jahren unter Umständen nervlich ihrer beruflichen Arbeit nicht mehr gewachsen sind. Meine Damen und Herren, genau dem sollten wir alle vorbeugen - jetzt Sie und dann wir, wenn wir das weitermachen.

(Zustimmung bei der CDU)

Übrigens haben Sie sich in der Diskussion auch mit einem weiteren Punkt nicht auseinandergesetzt. Eigentlich gehörte das in den Wissenschaftsausschuss, war dann aber im Kultusausschuss. Das Ganze wäre auch, sagen wir einmal, farblos abgelaufen, wenn im Wissenschaftsausschuss eine der Kolleginnen nicht gefragt hätte: Wie ist es denn mit einer zusätzlichen Finanzierung, wenn eventuell Sprachbildungszentren eingerichtet werden? - Das haben Sie eben auch nicht erwähnt.

Ich weiß auch nicht. Ich komme mir komisch vor, dass ich mich so mit Ihrem Antrag auseinandersetze. Aufgelistet worden ist dann, was man denn so alles macht. Im Haushaltsausschuss - auch das habe ich verfolgt - ist ganz deutlich gefragt worden: Welches sind die haushaltsmäßigen Auswirkungen? Was kommt denn da Neues? - Da wurde lediglich gesagt: Das, was wir machen, ist in den bereits genehmigten Haushalten 2015 und 2016 abgesichert. Also: Alles bekannte Sachen. Die müssen nicht neu beantragt werden.

Dann hat noch einmal jemand gefragt: Geht es nicht doch um neue Maßnahmen? - Auf diese Frage hat die Abgeordnete Frau Geuter, der ich dafür sehr dankbar bin, geantwortet: Festzustellen, ob etwas Neues kommt, ist Aufgabe der Haushaltsberatungen der kommenden Jahre. - Jahre! - Alles andere wäre unredlich. Eine sehr ehrliche Antwort. Danke dafür, Frau Geuter.

Mit anderen Worten: Nach diesem langen Verfahren haben wir nun endlich Klarheit darüber, was Sie wollen. Das ist aber überhaupt nichts Neues. Deshalb haben Sie an den Anfang Ihrer Rede auch Ihr endloses Bekenntnis zur Inklusion - dem Grundgedanken der Inklusion, der umzusetzen ist, schließen wir uns an - gestellt. Das heißt: Sie wollten eigentlich gar keinen Antrag stellen. - Vielmehr wollten Sie nur sagen: Mensch, guck mal! Sind wir nicht toll? - Wie gesagt: Unter diesem Aspekt erwarte ich gleich auch die Rede der Ministerin.

Ihr Antrag ist ein reiner Schaufensterantrag: Sich abfeiern lassen für das, was man gemacht hat, und dann geht es weiter nach dem Motto „weiter so“. Außerdem ist Ihr Antrag - ich will nicht „unredlich“ sagen; denn wir wollen nach der hitzigen Debatte von eben moderat bleiben - mindestens überflüssig. Überflüssigen Sachen müssen wir uns hier nicht anschließen. Deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU - Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Die Frage ist doch, ob Sie das wollen, was wir vorschla- gen! Dazu haben Sie nichts gesagt!)

Vielen Dank, Frau Kollegin Bertholdes-Sandrock. - Wir fahren fort. Das Wort für die FDP-Fraktion hat nun Herr Kollege Försterling. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich könnte die inhaltliche Analyse der Kollegin Bertholdes-Sandrock wiederholen. Lassen Sie mich hier stattdessen zum Ausdruck bringen, dass sie den Antrag sehr gut analysieret hat. In der Schlussfolgerung dessen, worum es den Fraktionen von SPD und Grünen geht, würde ich aber noch deutlich weiter gehen. Aus meiner Sicht geht es hier nicht nur darum, einen bloßen Schaufensterantrag einzureichen, sondern darum, die wichtigen gesellschaftspolitischen Themen Inklusion, Deutsch als Zweitsprache, Deutsch als Fremdsprache und Berufsorientierung für die Jugendlichen als Vorwand zu nehmen, um in die Lehrerbildung einzugreifen, und das ganz klar im Sinne des rot-grünen Koalitionsvertrages, aus dem ich jetzt noch einmal zitiere:

„Die rot-grüne Koalition wird die geltende Schulformorientierung der Lehrerbildung angesichts der Veränderungen in der Schullandschaft in eine schulstufenbezogene Ausbildung umwandeln.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden das nicht mittragen und werden auch nicht zustimmen, wenn Sie wichtige gesellschaftspolitische Themen einfach nutzen wollen, um die Lehrerbildung grundsätzlich zu verändern, weil Sie immer noch ein Problem mit der Fachausbildung, mit der schulformspezifischen Ausbildung der Lehrkräfte haben. Das werden wir nicht mitmachen. Deswegen ist die Analyse der Kollegin Bertholdes absolut richtig. Dieser Antrag sagt inhaltlich überhaupt nichts Neues aus, außer dass er den Weg bereiten soll für eine Vereinheitlichung der Lehrerausbildung. Es ist klar, dass wir das nicht mittragen werden.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Försterling. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun das Wort Herr von Holtz.

(Unruhe)

- Herr Hilbers, wenn ich Sie bitten dürfte, Ihre Beratungen einzustellen! - Herr Hilbers! Sie sind gemeint! - Vielen Dank. Bitte, Herr Kollege!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Försterling, wenn wir vor der gesellschaft

lichen Herausforderung stehen, dass wir Inklusion wollen und Inklusion an den Schulen auch umsetzen wollen, und diese aktuelle Herausforderung unter Berücksichtigung der großen Zahl von Kindern aus Flüchtlingsfamilien, die zu uns in die Schulen kommen, meistern wollen, dann müssen wir vor allem eine Voraussetzung schaffen: Wir müssen entsprechende Lehrerinnen und Lehrer ausbilden oder fortbilden und qualifizieren. Darum geht es in diesem Antrag.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Es ist nämlich so: Als wir die Regierungsgeschäfte im Jahr 2013 übernommen hatten - - -

(Björn Försterling [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

- Ich versuche es mal.

Einen Moment, bitte! - Herr Försterling, stellen Sie bitte Ihre Zwischenfrage.

(Zuruf von Miriam Staudte [GRÜNE])

Herr Kollege von Holtz hat gerade ausgeführt, Frau Staudte, dass es in dem Antrag darum geht, die Fortbildung auszubauen. Deswegen ist meine Frage an den Kollegen von Holtz, wie er sich vor diesem Hintergrund erklärt, dass die Fortbildungsmittel des NLQ im Jahr 2015 nicht ausgeschöpft worden sind und voraussichtlich auch im Jahr 2016 nicht ausgeschöpft werden und dass die NLQMittel im Sommer 2015 sogar zur Finanzierung der Deckungslücke im Kita-Bereich genutzt worden sind. Ist das der Ausbau der Fortbildung, von dem Sie gerade gesprochen haben?

(Zustimmung bei der FDP)

Vielen Dank. - Bitte, Herr Kollege!

Auf den Ausbau der Fortbildung, von dem ich gesprochen habe, komme ich im Laufe meiner Rede noch. - Wir haben nämlich folgende Situation: Als wir die Regierungsgeschäfte 2013 übernommen hatten - es geht jetzt zunächst einmal um die Lehrerausbildung -, haben wir hier eine ziemlich desolate Situation vorgefunden. 2012, nach zehn Jahren Ihrer Regierungsverantwortung, verfügten nur drei Viertel der an den Förderschulen eingesetzten Lehrkräfte über einen Abschluss für das Lehramt

für Sonderpädagogik. Die Universitäten Hannover und Oldenburg mussten rund jede zehnte Bewerbung auf einen Studienplatz für das Lehramt für Sonderpädagogik abweisen, weil es an entsprechenden Studienplätzen fehlte.

Deswegen hat und wird diese Landesregierung eine Menge unternehmen müssen, um mehr Lehrkräfte für die neuen Aufgaben zu qualifizieren: Die Ausbildungskapazitäten für das Lehramt für Sonderpädagogik werden an den Hochschulen ausgebaut; immerhin 296 zusätzliche Bachelor- und 208 zusätzliche Masterplätze. Weiterbildungsangebote wurden geschaffen. Sie müssen natürlich in Anspruch genommen werden.

Die Mittel für den Ausbau der Sonderpädagogik und die Vermittlung von pädagogischen und didaktischen Basisqualifikationen werden nach und nach aufgestockt. Ab 2019 stehen hierfür dauerhaft 8,9 Millionen Euro zur Verfügung. Neun Hochschulen beteiligen sich an einem Projekt, Qualifizierungsangebote für Deutsch als Zweitsprache für alle Lehramtsstudierende auszubauen. W3-Professuren werden an den Universitäten Hannover und Oldenburg eingerichtet, die eine inklusionsbezogene Berufsorientierung vermitteln. - Diese Aufzählung könnte ich noch weiter fortführen, meine Damen und Herren.

Aber lieber möchte ich jedoch noch darauf hinweisen, dass nicht nur künftige Lehrkräfte richtig ausgebildet, sondern dass auch die jetzt schon im Schuldienst Aktiven qualifiziert werden müssen. Auch hier hat sich die Landesregierung auf den Weg begeben. Mithilfe von schulinternen Lehrerfortbildungen, kostenfreien Angeboten der Kompetenzzentren für regionale Lehrerbildung und Qualifizierungen von Schulleiterinnen und Schulleitern werden schon jetzt mit Ablauf dieses Schuljahres, auf alle Maßnahmen bezogen, rund 20 000 Lehrkräfte fortgebildet sein.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Herr Kollege von Holtz, Herr Kollege Försterling möchte Ihnen eine weitere Zwischenfrage stellen.

Nein, danke.

Dann fahren Sie bitte fort!

15 Sprachbildungszentren beraten seit Beginn dieses Schuljahres die Schulen in Sachen Sprachförderung.

Meine Damen und Herren, dies alles ist in ihrer Gesamtheit eine große Aufgabe, ein Kraftakt. Es ist enorm wichtig, diesen eingeschlagenen Weg konsequent weiterzugehen, und es ist unsere Aufgabe als Landtag, die Landesregierung darin zu unterstützen und die dafür erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen. Gut ausgebildete Lehrkräfte können wir nicht herbeizaubern. Es wird noch viele Jahre brauchen, bis wir die Mängel der Vergangenheit beheben können. Dafür bitte ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP: Stimmen Sie unserem Antrag zu! Tragen Sie dazu bei, diese Versäumnisse jetzt auszugleichen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. Es gibt eine Wortmeldung zu einer Kurzintervention auf Ihre Rede. - Herr Kollege Försterling, bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege von Holtz, Sie haben eben ausgeführt, wie wichtig es für die Landesregierung und für die sie tragenden Fraktionen sei, dass gerade in den schulinternen Lehrerfortbildungen genau auf die Bereiche Inklusion, Deutsch als Zweitsprache etc. eingegangen wird. Dann können Sie vielleicht auch erklären, warum die Landesregierung entschieden hat, dass die Mehrvergütung für Klassenfahrten aus dem Schulbudget bestritten werden soll, das genau für die Lehrerfortbildung zur Verfügung steht, ohne dass das Schulbudget durch die Landesregierung aufgestockt worden ist, sodass viele Schulen in Niedersachsen vor der Entscheidung stehen: Vergüten sie entsprechend der Erlasslage den Lehrkräften die Klassenfahrten, oder machen sie Fortbildung? Denn beides lässt das Budget, das sie von der Landesregierung bekommen haben, nicht zu.

Also können Sie eines nicht ernst meinen: entweder den Ausbau der Fortbildung oder die Vergütung der Lehrkräfte für die Beteiligung an Klassenfahrten.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. - Herr von Holtz möchte Ihnen nicht antworten. - Ich erteile jetzt für die Landesregierung Frau Kultusministerin Heiligenstadt das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen geht genau in die richtige Richtung. Wir haben verschiedene Herausforderungen insbesondere im Bereich der Heterogenität von Lerngruppen, insbesondere im Bereich der inklusiven Bildung, im Bereich der Berufsorientierung und bei der großen Thematik der Sprachförderung. Alle diese Punkte hat die Landesregierung mit verschiedenen Änderungen von entsprechenden Regelungen auf den Weg gebracht.

Wir haben deutliche Kapazitätsausweitungen im Bereich der inklusiven Fortbildung bei den Grundschulen. Wir haben insgesamt deutliche Ausweitungen im Bereich der Ausbildung- und Fortbildung von Lehrkräften. Wir haben mit der neuen MasterVO die entsprechenden Grundlagen dafür gelegt, den Umgang mit Heterogenität stärker in der Lehrerausbildung zu verankern. Gleiches werden wir mit der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung im Bereich der Studienseminare fortsetzen.

Wir haben eine umfangreiche Fortbildungs- und Qualifizierungsinitiative im Bereich der inklusiven Schule auf den Weg gebracht. Daran haben schon zahlreiche Lehrkräfte teilgenommen. Diese Fortbildungen sind auch bei den Grundschulen sehr erfolgreich angekommen. Mehr als 600 Grundschulen haben sich beworben.

Der wichtige Aspekt der Berufs- und Studienorientierung ist auch von den Vorrednerinnen und Vorrednern, insbesondere von Herrn Santjer und Herrn von Holtz, deutlich hervorgehoben worden.

Deshalb sage ich zusammenfassend: Der Antrag ist wegweisend und in die Zukunft gerichtet. Die Landesregierung hat schon einige Punkte übernommen und sie auch auf den Weg gebracht. Ich kann nur empfehlen, diesem Antrag zuzustimmen.